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Welche Führungsqualitäten werden zukünftig wichtig sein?

Jan Köhler • 12.10.2022 • Lesezeit: ca. 6 Minuten

Wichtige Führungsqualitäten

Trotz flacher Hierarchien, agiler Konzepte und der VUCA-Welt sind Führungskräfte weiter gefragt. Statt eines autoritären Ansatzes mit viel Kontrolle stehen heute Einfühlungsvermögen und diplomatisches Geschick im Vordergrund. In Zeiten von Homeoffice und hybridem Arbeiten braucht es digitale Empathie und die Fähigkeit, auch online mit Einfühlungsvermögen zu moderieren.

Führungskräfte geben Verantwortung ab und implementieren eine kluge Fehlerkultur mit Mut zum Scheitern. Gleichzeitig gehen sie idealerweise mit gutem Vorbild voran, zeigen Emotionen und kommunizieren authentisch. Sie sorgen für zufriedene Mitarbeitende und wirken damit dem Fachkräftemangel entgegen.

 


Anforderungen an die Führungskraft 4.0: Empathie und Mut

Früher einmal war die Verteilung der Aufgaben zwischen Chef:in und Team klar definiert. Die Obrigkeitskultur verlangte das zu tun, was die Führungskraft wollte. Diskussion und Widerworte gab es in der Konsequenz nur selten. Viele Führungskräfte verschanzten sich in Einzelbüros. Für ein Gespräch mussten die Mitarbeitenden erst bei der Sekretärin alter Schule einen Termin vereinbaren. Ein spontaner Austausch war nur schwer möglich.

Statt ins Diktiergerät zu sprechen, tippen die meisten Manager:innen heute ihre E-Mails selbst. Auch die traditionelle Vorzimmerdame wurde längst durch eine Teamassistenz ersetzt – und manche Chefs sitzen sogar im Großraumbüro. Führung bleibt im digitalen Zeitalter wichtig, bekommt aber neue Vorzeichen. Immer stärker sind bodenständige Leader mit Herz und Persönlichkeit gefragt. Sie sollten Werte vorleben, Emotionen zeigen und vor allem authentisch sein. Statt jederzeit alles kontrollieren zu wollen, schenken sie ihren Mitarbeitenden Vertrauen und Freiraum für ein kreatives und innovatives Arbeiten.

Können Führungskräfte Burn-out in ihrem Team verhindern?

Laut einer Studie von Academic Work stehen fast vier von fünf Young Professionals in Deutschland kurz vor einem Burn-out oder sind bereits betroffen. Die Gründe sind laut der Young Professional Attraction Index-Studie vielfältig. Dabei wird deutlich, dass Wertschätzung und Unterstützung durch die Führungskräfte wichtige Faktoren in der Prävention sind. Empathische Führungskräfte können demnach die Wahrscheinlichkeit reduzieren, dass ihre Mitarbeitenden eine Burn-out-Erfahrung machen. Das führt zu loyaleren Teammitgliedern, besseren Arbeitsergebnissen und geringeren Fehlzeiten. Mit mehr Sensibilität dem Thema gegenüber sorgen sie im Idealfall auch besser für sich.

Eine überforderte und überarbeitete Führungskraft kann kaum eine angenehme Arbeitsatmosphäre garantieren. Zu verhindern, dass Mitarbeitende psychisch belastet werden, ist nicht nur ein „nice to have“, sondern eine klare Pflicht des Arbeitgebers. Im Rahmen der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung müssen potenzielle psychische Belastungsfaktoren identifiziert werden.

Führung im digitalen Zeitalter: Konfliktmanagement im virtuellen Raum

Neue Führungsqualitäten gewinnen an Bedeutung. Eine besonders wichtige Rolle spielt Einfühlungsvermögen, auch in Form der digitalen Empathie. Letztere ist seit Ausbruch der Corona-Pandemie noch relevanter geworden. Videocalls haben den Nachteil, dass sich die Körpersprache und Mimik weniger leicht interpretieren lässt als in der direkten und persönlichen Begegnung. Missverständnisse können auftreten und zwischenmenschliche Konflikte resultieren. In einer von dem Videokonferenzanbieter Owl Labs beauftragten Umfrage gaben 70 Prozent der Teilnehmenden an, solche Missverständnisse schon erlebt zu haben. Als Grund vermuteten die Befragten, dass sie die Körpersprache ihrer Kolleg:innen wenig oder gar nicht interpretieren konnten.

Im schlimmsten Fall werden Probleme nicht gelöst und schwelen weiter. Das kann die Arbeitsatmosphäre im Unternehmen verschlechtern und die Arbeitsproduktivität gefährden. Besonders für introvertierte Menschen stellen Videokonferenzen mitunter ein Problem dar. Vielredner zu unterbrechen ist in Videocalls oft schwieriger als in analogen Meetings. Aufgrund der Technik kann nur eine Person gleichzeitig für alle hörbar sprechen. Wer es nicht schafft, sich beharrlich mit seinem Redebeitrag durchzusetzen, kommt leicht zu kurz.

Einfühlsam moderieren und diplomatisches Geschick zeigen

Deshalb sind Führungskräfte im digitalen Raum gefragt, durch eine einfühlsame Moderation alle teilhaben zu lassen. Zudem sollten sie Raum und Zeit zur Lösung von Konflikten ermöglichen und mit ihrem Verhalten ein gutes Beispiel geben. Eine gute digitale Kommunikationskultur ist unerlässlich, da immer mehr remote geführt wird. Seit der Corona-Pandemie ist das Arbeiten im Homeoffice keine Sensation mehr, sondern gelebter Alltag in vielen Unternehmen. Somit muss sich die Führungsarbeit auf das hybride Arbeiten einstellen. Wichtig ist das diplomatische Geschick, um bei Konflikten zu schlichten. Dabei werden alle gehört und an einen „Tisch“ geholt – auch wenn dieser in einem Breakout-Room von Zoom steht.

Mit guter Vernetzung als Führungskraft punkten

Die geringe Halbwertszeit von Wissen führt dazu, dass Führungskräfte sich gut vernetzen sollten. Dabei haben die despektierlich „Old Boys Network“ genannten Karrierezirkel häufig ausgedient. Sie führen dazu, dass sich Menschen oder konkreter Männer mit ähnlichem Hintergrund und vergleichbaren Interessen gegenseitig fördern.

Doch längst haben Organisationen erkannt, dass diverse Teams erfolgreicher und innovativer sind. Um Männer und Frauen, junge und ältere Mitarbeitende sowie Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen gut führen zu können, ist Einfühlungsvermögen gefragt. Das interkulturelle Gespür ist wichtig. Wer im Ausland studiert hat oder Berufserfahrung in einem anderen Land gesammelt hat, ist hier im Vorteil. Die fehlende Auslandserfahrung lässt sich aber durch eine Weiterbildung in interkultureller Kompetenz ausgleichen. Die Führung eines diversen Teams ist anspruchsvoll und braucht daher aufgeschlossene und inspirierende Führungskräfte. Innerhalb des Unternehmens sollten sich Führungskräfte im Idealfall bereichsübergreifend und interdisziplinär austauschen und vernetzen. Auf diese Weise hat die Führungskraft immer einen kompetenten Ansprechpartner, wenn sie bei einem Thema nicht weiterkommt.

Geteiltes Wissen ist doppeltes Wissen

Das Wissen der Menschheit nimmt beängstigend schnell zu. Deshalb stoßen selbst klassische Generalisten regelmäßig an die Grenzen ihres Fachwissens. Die Vernetzung darf sich nicht auf das eigene Unternehmen beschränken. Über Businessnetzwerke wie LinkedIn oder XING ist ein guter Austausch möglich.

Für das Unternehmen ist ein dynamisches und modernes Image in Zeiten des Fachkräftemangels geradezu existenzsichernd. Idealerweise zeigen sich Markenbotschafter:innen und Social CEOs und gehen im Social Intranet sowie in Social Media mutig voran. Durch den Fachkräftemangel können sich gut qualifizierte Kandidaten ihren Wunscharbeitgeber aussuchen. Wie sich der künftige Chef und das Unternehmen in Social Media präsentieren, kann das Zünglein an der Waage bei der Entscheidung sein.

Führung 4.0: Innovationsstark mit einer guten Fehlerkultur

Die Chefin oder der Chef hat heute viele Aufgaben: Neben der personellen und fachlichen Führung ist die Führungskraft auch Coach und Ermöglicher. Möchte ein Unternehmen langfristig erfolgreich sein, muss es innovativ bleiben und sich immer wieder neu erfinden. Deshalb sind Impulse und Verbesserungsvorschläge der Mitarbeitenden wertvoll. Die Führungskraft kann dazu beitragen, dass sich Mitarbeitende trauen, ihre Ideen vorzutragen – und keine Angst vor dem Scheitern haben müssen.

Zu einer positiven und konstruktiven Fehlerkultur gehört, dass die Führungskraft diese vorlebt. Wer als Chef:in nicht weiter weiß oder einen Fehler gemacht hat, darf und sollte das offen kommunizieren. Die Führungskraft vermittelt also eine gute Fehlerkultur mit klaren Spielregeln und lebt selbst danach. Ein regelmäßiges Feedback (auch 360 Grad) erfordert die Fähigkeit zur Selbstkritik. Neben „hard facts“ wie dem mobilen und zeitlich flexiblen Arbeiten ist für viele Kandidaten die Führungskultur ihres potenziellen Arbeitgebers ein wichtiges Entscheidungskriterium.

Klar kommunizieren und auch mal die Kontrolle abgeben

Kommunizieren die Manager:innen mit ihrem Team auf Augenhöhe, kommt dies gut an. Die Menschen möchten mitreden und mitentscheiden oder mindestens gehört werden. Die Work-Life-Balance ist insbesondere für die Generationen Y und Z sehr wichtig. Dabei sind die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben durchlässiger geworden. Wer am Nachmittag Zeit für seine Kinder braucht, bearbeitet die Aufgaben lieber am Abend. Der Führungskraft obliegt es, solche Bedürfnisse zu erfüllen, ohne dass es im Team zu Neid und Missgunst kommt.

Führungskräfte müssen lernen zu vertrauen und bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle abzugeben. Die Hierarchien werden flacher oder mitunter ganz durch agile Strukturen ersetzt. Eine Führungskraft ist die Person, die mutig vorangeht – besonders in Zeiten des Wandels. Sie fungiert dabei als Vorbild und Motivator. Besonders wichtig ist, dass die Managerin die Potenziale ihrer Teammitglieder erkennt und zielführend nutzt. Gut und klar zu kommunizieren ist längst kein „nice to have“ mehr.

Mehr als eine Karriereform: Führungskraft versus Fachkarriere

Die Anforderung „lösungsorientiert“ taucht nicht umsonst in vielen Stellenanzeigen auf. Durch die sich schnell wandelnden Märkte und den rasanten Fortschritt der Technik gibt es häufig für Herausforderungen keine Blaupause. Es muss improvisiert werden. Die Führungskraft sollte Probleme erkennen und sie lösen – im Idealfall gemeinsam mit dem Team.

Nicht alle Führungsqualitäten sind erlernbar oder entwickeln sich durch Erfahrung. Manche sind im Charakter des Menschen angelegt. Selbstverliebte Menschen können nicht gut zuhören und ihnen mangelt es folglich an der wichtigen Empathie. Deshalb gibt es längst nicht mehr nur eine Variante der Karriere, in der alle Menschen Personalverantwortung anstreben. Auch im Rahmen einer Fach- oder Spezialistenkarriere können Mitarbeitende ihre Verantwortung steigern und sich über Gehaltserhöhungen freuen. Wer gerne Menschen führen möchte, sollte nicht nur durchsetzungsstark und lösungsorientiert sein, sondern vor allem empathisch und flexibel.

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